Panzerfaust – Interview

21. März 2021
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Eigentlich sollte dieses Interview mit PANZERFAUST bereits kurz nach der Veröffentlichung von „THE SUNS OF PERDITION – CHAPTER II: RENDER UNTO EDEN“ im vergangenen Herbst erscheinen. Leider verstricht jedoch wesentlich mehr Zeit als erhofft, bis „Kaizer“ endlich die herbei-gesehnten Antworten auf unsere Fragen lieferte. Somit bietet sich unseren Lesern allerdings die perfekte Gelegenheit, die fünfte Platte der Truppe wieder aus dem Regal zu kramen und aufzulegen, während in den nachfolgenden Zeilen nachgelesen werden kann, welches lyrische Konzept hinter den letzten beiden Alben steht, weshalb die beiden Teile der geplanten Quadrologie im Abstand von nur wenigen Monaten erschienen und wie es in der Zukunft weitergeht…wenngleich stellenweise eine höhere Mitteilungsfreudigkeit durchaus wünschenswert gewesen wäre…doch lest selbst!

I. Vielen Dank, dass Ihr Euch die Zeit für dieses Interview nehmt! Wie geht es Euch und wie ist die aktuelle Lage gerade in Kanada?

Es ist mir ein Vergnügen. Es wird dauerhaft viel Zeit mit Verschwörungen im Kriegsraum verbracht. Covid hat das die meisten Möglichkeiten für Reisen erschwert. In diesen bizarren Zeiten hocken wir uns zusammen und erarbeiten einen Plan.

II. Ihr habt vor wenigen Tagen mit „THE SUNS OF PERDITION – CHAPTER II: RENDER UNTO EDEN“ ein neues Album veröffentlicht. Bevor wir aber im Detail über dieses sprechen, würde ich gerne mehr über die Quadrologie erfahren, in die die Platte eingebettet ist und die ja schon ein ziemlich ambitioniertes Projekt darstellt. Wie kam es zur Idee, ein Konzept zu erarbeiten, das sich über vier Platten erstrecken soll?

Ich hatte eine enorme Menge an Ideen. Hunderte von Riffs, Tausende von geschriebenen Seiten und letztendlich ein Thema, das sich durch all das hindurch gezogen hat. Statt eine enorme Platte zu veröffentlichen, von der wir glaubten, dass sie bei der Umsetzung verloren gehen würde, haben wir uns dazu entschlossen, sie in diesen vier Raten zu ver-öffentlichen. Mit anderen Worten, dies ermöglicht es, die Musik voll-ständig zu verdauen. Zumindest ist das die Intention.

III. Welche Bedeutung hat dabei der Titel „THE SUNS OF PERDITION“ der allen anderen Untertiteln vorangestellt ist?

Die Sonnen des Verderbens sind im Grunde ein Wortspiel, das seinen Ursprung im Alten Testament hat, nämlich in Thessalonicher 2:3: „Lasst euch durch niemanden und auf keine Weise täuschen! Denn zuerst muss der Abfall von Gott kommen und der Mensch der Sünde offenbar werden, der Sohn des Verderbens.“

Die vier Kapitel sind im Wesentlichen die vier Sonnen, die die Sonnen des Verderbens bilden.

IV. Wie detailliert habt Ihr die Inhalte und Motive der vier einzelnen Kapitel im Vorfeld ausgearbeitet, bevor Ihr mit dem Songwriting und den Aufnahmen zu „THE SUNS OF PERDITION – CHAPTER I: WAR, HORRID WAR“ begonnen habt? Habt Ihr Euch einen ausführlichen Plan zurecht gelegt, welche Botschaften Ihr mit jedem Teil vermitteln wollt und wie genau dieser klingen sollen oder habt Ihr lediglich einzelne Visionen und Gedanken festgehalten, die erst dann konkretisiert werden, wenn Ihr am jeweiligen Album arbeitet?

Ich wusste im Voraus, wie ich nicht nur die verschiedenen lyrischen Ansätze, sondern auch die musikalische Richtung unterteilen wollte. Einer der Hauptgründe dafür, dass sich die SUNS-Serie in der Art und Weise darstellt, wie sie ist, sind vier erkennbaren Ausrichtungen, die die Gitarrenriffs eingenommen haben. Auf dieser Grundlage, schien es für die Texte selbst-verständlich, an die angemessenen Stellen zu fallen.

V. Ihr habt auf „THE SUNS OF PERDITION – CHAPTER I: WAR, HORRID WAR“ eine klassische Kriegsthematik gewählt, die zudem wunderbar zu Eurem Namen passt. Dabei habt Ihr Euch nicht auf eine bestimmte Zeit festgelegt, sondern berichtet etwa vom verlustreichen Feldzug nach Stalingrad oder dem verheerenden Gemetzel in Flandern, aber auch vom Beginn des Atomzeitalters, das mit der Zündung von „Trinity“ eingeläutet wurde. In der jüngeren Geschichte des Krieges gibt es zahlreiche grausame Ereignisse, die die Zukunft der Menschheit massiv beeinflusst haben. Wie habt Ihr die Auswahl getroffen, welche dieser Ereignisse passend für Euer Konzept sind?

Diese Ereignisse bildeten ein wichtiges Fundament für unsere gegenwärtige Situation als Spezies. Aus meiner Sicht waren diese die Beispiele für das Fehlen von Moral in unserer modernen Zeit. Aus dem ein oder anderen Grund fühlte ich mich gezwungen, speziell über diese Geschichten zu schreiben. „The Day After Trinity“ schien ein angemessener Anfang zu sein, da dies der Tag war, der der Menschheit die Macht einer zornigen Gottheit gab und somit alle Dinge erlaubt wurden.

VI. Auf dem Artwork von „THE SUNS OF PERDITION – CHAPTER II: RENDER UNTO EDEN“ sind wütend oder verzweifelt wirkende Menschen mit Waffen dargestellt, sodass zunächst der Eindruck entstehen könnte, dass abermals Krieg im Kern des Albums steht. Stattdessen behandelt Ihr in „Pascal’s Wager“ eine Argumentation von Blaise Pascal zur Existenz von Gott oder in „Areopagitica“ die gleichnamige Rede von John Milton zur Zensur in der Literatur vor dem Englischen Parlament. Besonders durch diese zweite Thematik entsteht letztendlich der Eindruck, dass auf dem Artwork kein blutrünstiger Mob auf dem Weg in die Schlacht, sondern der Beginn einer Revolution zu sehen ist. Klärt uns doch bitte auf, welche Botschaft hinter dem Album steht und wie diese auf der Thematik des Vorgängers aufbaut.

Das Cover ist ein Werk von Käthe Kollwitz mit dem Titel „Aufstand“. Ich habe das Stück zum ersten Mal auf einer Ausstellung in Toronto gesehen, in der ihr Portfolio gezeigt wurde. Ich wurde sofort von seinem Stil und seiner Emotion angezogen. Du liegst richtig, mit Deiner Analyse der Songs auf SUNS II. Während in Kapitel I die Dinge aus einer vorwiegend historischen Perspektive untersucht werden, befasst sich SUNS II eingehender mit den philosophischen Grundlagen unserer Gesellschaft. Es waren schließlich die Konflikte um genau diese Ideen, die zu blutigen Ereignissen führten, die in Kapitel I aufgezeigt wurden.

VII. Im Songwriting der fünf Tracks spiegelt sich dieser Themenwechsel ebenfalls wider, fällt die Platte im direkten Vergleich zu „THE SUNS OF PERDITION – CHAPTER I: WAR, HORRID WAR“ etwas weniger brachial und ungestüm aus und wirkt stattdessen düsterer und beklemmender, wenngleich es beispielsweise in „The Snare Of The Fowler“ trotzdem noch ordentlich aggressiv zur Sache geht. Ist dieser Eindruck für Euch nachvollziehbar und wie würdet Ihr den Unterschied zwischen den beiden Platten in eigenen Worten beschreiben?

„Explosivität“ würde die erste beschreiben, während „nachdenklich“ meiner Meinung nach die zweite angemessen definieren würde.

VIII. Eine kleine Besonderheit des Albums stellt der weibliche Klargesang von Maria Arkhipova in „Promethean Fire“ dar, den ich in dieser Form zwar absolut nicht erwartet hätte, der sich allerdings ziemlich gut in den Song einfügt. Wie sind der Kontakt zu АRKONA und die Idee eines Gastbeitrages von ihr auf der Platte entstanden, für den sie sogar die Lyrics selbst verfasst hat? Die Truppe ist ja im Grunde in einer komplett anderen stilistischen Richtung verwurzelt als Ihr.

Masha ist eine gute Freundin von mir. Ich hatte das Privileg, mehrmals als Lichtdesigner mit Arkona zu touren. In diesen Zeiten wurden wir enge Freunde und sie ist eine der wenigen Menschen auf der Welt, die Musik auf ähnliche Weise betrachtet, wie ich glaube. Beim Schreiben von Promethean Fire wurde sehr deutlich, dass es ihrer Stimme bedurfte, um das Lied abzuschließen. Ich könnte mit dem Ergebnis nicht zufriedener sein.

IX. Ihr habt nach der Veröffentlichung von „THE SUNS OF PERDITION – CHAPTER I: WAR, HORRID WAR“ nur etwas mehr als ein Jahr ins Land ziehen lassen, bis Ihr die neue Platte ebenfalls fertig vorliegen hattet. Habt ihr die Songs alle in dieser kurzen Zeit geschrieben und aufgenommen oder waren diese zum Teil schon vorher fertig? Immerhin knüpfen die beiden Alben ja auch klangtechnisch aneinander an, was ja auch daran liegen dürfte, dass Produktion und Mastering wieder von den selben Personen übernommen wurden.

Wie ich bereits angedeutet habe, hatten wir die Grundlagen für viele der Songs bereits in der Theorie vorliegen. Dennoch, erst nachdem jedes Kapitel aufgenommen und gemischt ist, nähern wir uns tatsächlich dem nächsten mit Überzeugung und Klarheit. Wir haben nicht die Absicht, diese Alben so aussehen zu lassen, als seien sie nachlässig erarbeitet worden.

X. Wie können wir uns den Prozess des Songwritings bei PANZERFAUST vorstellen? Werden sämtliche Songs von einer Person alleine komponiert oder setzt Ihr Euch mit den unterschiedlichen Ideen und Vorstellungen aller Bandmitglieder im Proberaum zusammen und erschafft aus diesen nach und nach gemeinsam ein neues Werk?

In jeder Hinsicht ist es immer eine Gemeinschaftsarbeit, die Musik endgültig fertig zu schreiben. Alle Texte sind allerdings von mir selbst geschrieben, es sei denn, wir haben in seltenen Fällen jemanden, der für einen Gastbeitrag eingeladen ist, wie im Fall von Masha.

XI. Kurz vor den Aufnahmen zu „THE SUNS OF PERDITION – CHAPTER I: WAR, HORRID WAR“ ist mit „Lord Baphomet“ Euer langjähriger Schlagzeuger und zugleich eines der beiden Gründungs-mitglieder aus der Band ausgeschieden. Aus welchen Gründen kam es zu diesem Ausstieg und welchen Einfluss hatte dieser auf die Dynamik innerhalb der Band und nicht zuletzt das Songwriting?

Anfangs war es ziemlich verheerend, da die Band vor vielen Jahren von ihm und mir gegründet wurde. Es war nichts anderes, als die alte Geschichte, in der sich ein Mann zwischen Musik und Familie entscheiden muss. Er und ich haben immer noch eine großartige Beziehung und er wird immer mein Blutsbruder sein.

Dies war natürlich ein Scheideweg für uns als Band. Zum Glück hatte ich eine klare Vorstellung davon, welche Art von Schlagzeuger ich suchte, um vorwärts zu kommen. Ich hatte das Glück, dass ich durch eine Wendung des Schicksals Alex Kartashov finden konnte, um diese enorme Lücke zu füllen. Einfach gesagt, er und ich sollten einfach zusammen Musik schreiben. Es war diese Vereinigung, die es uns ermöglicht hat, wirklich in die Band hineinzuwachsen, von der ich immer geglaubt habe, dass wir es sein könnten.

XII. Ihr seid schon seit fünfzehn Jahren aktiv und habt vor „THE SUNS OF PERDITION – CHAPTER I: WAR, HORRID WAR“ bereits drei Langspieler veröffentlicht, die aber zumindest in Deutschland eher weniger wahrgenommen wurden und erst mit dem letztjährigen Werk fand sich Euer Name plötzlich vermehrt in Magazinen oder auf Konzertflyern. Dies dürfte sicherlich auch dem Wechsel zu Eisenwald und deren eifriger Promotion geschuldet sein. Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Label zu Stande gekommen und wieviele Alben umfasst der geschlossene Vertrag?

Ich glaube, unsere erste Interaktion könnte beim Inferno Festival in Oslo gewesen sein. Ohne dass wir es wussten, hatte Nico, der Labelchef hatte unsere Performance gesehen. Ich nehme an, er fand es nicht ganz uninteressant! Es war eine Tour mit den jetzigen Labelkollegen UADA, die die Bekanntmachung ermöglichte. Wir könnten mit dieser Verbindung nicht zufriedener sein. Der eiserne Pakt!

XIII. Könnt Ihr bereits einen kurzen Ausblick geben, was den Hörer auf den beiden kommenden Kapiteln noch erwarten wird? In welche thematische Bereiche wird „THE SUNS OF PERDITION“ noch vordringen?

Erwartet, überrascht zu werden. Mehr werde ich nicht sagen.

XIV. Ihr hattet für dieses Jahr bereits ein paar Konzerte geplant und solltet unter anderem beim DARK EASTER METAL MEETING in München spielen. Ihr habt bereits zugesagt, diesen Auftritt im kommenden Jahr nachzuholen. Gibt es darüber hinaus noch weitere Pläne für Shows in Deutschland im nächsten Jahr?

Wir haben eine massive Offensive auf Lager. Wenn alles wieder erlaubt ist, wirst Du es sofort wissen!

XV. Die letzten Worte gehören Euch…

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