Witchwood – Before The Winter

28. Oktober 2020
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Die vor einigen Jahren heftig wogende Welle des 70’s Retro-Rock ist mittlerweile fast vollständig abgeebbt und einige der damals ganz oben schwimmenden Kapellen sind bereits seit langer Zeit ohne ein weiteres Lebenszeichen untergetaucht. Gehalten haben sich dafür bis zum heutigen Tag ein paar Formationen, die schon damals eher als Geheimtipp galten und es trotz starker Alben bislang nicht geschafft haben, die redlich verdiente Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Hierzu gehören ebenfalls WITCHWOOD aus Italien, die vor fünf Jahren mit „LITANIES FROM THE WOODS“ ein tolles Debütalbum im Stil von URIAH HEEP und DEEP PURPLE vorlegten und sich in diesem November mit ihrer dritten Platte zurückmelden, die passend zum Veröffentlichungszeitpunkt mit „BEFORE THE WINTER“ betitelt wurde.

Eine wirkliche musikalische Weiterentwicklung haben WITCHWOOD seit ihrem herausragenden Erstlingswerk nicht durchlebt und so erwartet den Hörer des wieder von Jolly Roger Records veröffentlichten Langspielers erneut vielschichtiger Classic Rock, dem ein wunderbar warmer und erdiger Klang verpasst wurde. Bereits das eröffnende „Anthem For A Child“ erweist sich als explosives Feuerwerk durch und durch authentischer Spielfreude, wenn die sechs Italiener ihre kernigen Gitarrenriffs mit wabbernden Synthesizern sowie einer dominant eingesetzten Querflöte vermengen, die natürlich sofort an JETHRO TULL denken lässt. Nicht zuletzt die kauzige Hammondorgel sorgt für den letzten Schliff des urigen Vintagesounds, der zu keiner Sekunde erzwungen oder aufgesetzt wirkt. Dieses hohe Niveau kann auch in den nachfolgenden Stücken mühelos gehalten werden, die immer tiefer zu den Wurzeln des Genre vordringen, dabei aber ihre ganz eigene Handschrift erkennen lassen. Keinesfalls scheuen WITCHWOOD davor zurück, die unterschiedlichsten Elemente auf „BEFORE THE WINTER“ zu verarbeiten, sodass von der groovigen Hymne namens „Crazy Little Lover“ mit sympathischem Südstaaten-Flair inklusive Mundharmonika, über das fast schon soulige „Feelin'“ bis hin zum mit sanften Akustikgitarren schmachtenden „A Crimson Moon“ alles vertreten ist. In all diesen Titeln glänzt Riccardo Dal Pane mit seinem wandlungsfähigen Gesang, der sowohl einfühlsame Töne anschlagen, als auch kräftig röhren kann. Interessanterweise stellt sich gerade „Nasrid“ als eine der intensivsten Nummer auf „BEFORE THE WINTER“ heraus, einem erhabenen Track, dem Dal Pane seine Stimme gar nicht leiht und der als posthume Ehrung für Ennio Morricone interpretiert werden kann. Nicht nur die hart gezupften Gitarrensaiten, auch die wortlosen weiblichen Vocals erinnern an dessen epochalen Kompositionen für preisgekrönte Western, wie „Once Upon A Time The West“ oder „The Good, The Bad And The Ugly“ und erzeugen fast ebenso unwillkürlich Gänsehaut.

WITCHWOOD legen eine bemerkenswerte Kreativität an den Tag, auf Grund derer „BEFORE THE WINTER“ trotz der recht langen Spielzeit nie langatmig wird. In jedem einzelnen Song lassen sich unzählige liebevoll arrangierte Details entdecken, sodass die Platte in ihrer Gesamtheit einfach nur richtig Freude bereitet und tatsächlich Suchtpotential mit sich bringt.

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