Evil Warriors – Interview

20. Juli 2020
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Dieser Tage erscheint  mit „SCHATTENBRINGER“ rund zwei Jahre nach dem letzten Langspieler neues Material der EVIL WARRIORS in Form einer EP mit vier frischen Tracks.  Wir haben bei der sächsischen Horde angeklopft und uns berichten lassen, wie das erneut sehr eigenwillige Artwork zum Werk entstanden ist, was es mit dem Pilzmann und seinem Stock auf sich hat und weshalb eine unbedeutende Fliege dennoch wichtig für das Konzept der Platte ist.

I. Vielen Dank, dass Ihr Euch die Zeit für dieses Interview nehmt. Wie ist die Lage derzeit bei Euch in Leipzig? Habt Ihr die vergangenen Wochen gut überstanden?

Wir haben alles gut überstanden. Uns geht es, wie bestimmt auch vielen anderen Musikern, wir haben mehr Zeit zum Proben, die wir dafür auch nutzen. Ansonsten läuft alles wie gewohnt.

II. Ihr werdet demnächst mit „SCHATTENBRINGER“ eine neue EP veröffentlichen. Nachdem zwischen Eurem Debütalbum und „FALL FROM REALITY“ ziemlich viel Zeit vergangen ist, habt Ihr jetzt recht schnell neues Material vorliegen. Hattet Ihr nach den vielen positiven Reaktionen auf die letzte Platte mehr Motivation gleich wieder neue Songs zu Schreiben oder haben sich Eure privaten Umstände geändert, sodass mehr Zeit für EVIL WARRIORS bleibt?

Die Motivation hatte eher weniger ihren Ursprung im Feedback zu der Platte, als in dem Verlangen neue Songs zu spielen. Immer wieder das selbe Material wird auf Dauer langweilig und man verliert nach einer Weile an Glaubwürdigkeit auf der Bühne. Diesmal haben wir uns einen Rahmen gesetzt. Eine Tour mit MORAST war geplant und wir hatten bereits einige neue Ideen. Also haben wir beschlossen, bis dahin eine EP aufzunehmen, die unseren aktuellen Stand zeigen soll, um zu verhindern, uns in Perfektionismus und eigenen Ansprüchen zu verlieren. Im Gegensatz zu „Fall from Reality“ haben wir nicht erst die Songs lange ausgearbeitet, um sie dann erst auf der Bühne reifen zu lassen. Diesmal wollten wir den ersten Impuls festhalten, ohne uns in Kleinigkeiten zu verlieren und alles kaputt zu denken.
Außerdem genießen wir seit nun schon mehr als zwei Jahren die Vorteile eines festen Bassisten. Maelstrøm hat frischen Wind reingebracht und einen neuen Bezugspunkt geschaffen, der es uns ermöglicht hat, unsere eigefahrenen Betrachtungsweisen neu zu hinterfragen und über unsere Blockaden hinauszuwachsen. Damit vervollständigt er unser Gefüge zu einer stabilen Einheit in der wir uns weiterentwickeln können.

III. Für die EP seid Ihr von War Anthem Records zu Into Endless Chaos Records gewechselt; ein Schritt, der ja doch naheliegend ist, sind oder waren II, ANTLERS oder CNTMPT ebenfalls dort beheimatet. Ist der Vertrag nur auf eine Veröffentlichung beschränkt oder ist eine längere Zusammenarbeit angedacht?

Die letzte Platte war ein Corelease zwischen War Anthem Records und Into Endless Chaos Records. Into Endless Chaos war zunächst eine Bezeichnung unseres Kollektives bzw. Gemeinschaft von Künstlern und vor allem Freunden, die ähnliche Interessen verfolgen, einen starken Hang zu Wahnsinn, Rausch und ein übergeordnetes Interesse an Musik teilen, aber auch gemeinsam den Alltag bestreiten. Wir gehören zusammen. Uns binden keine Verträge, sondern Freundschaft.
Zu Beginn fehlten uns für eine Veröffentlichung wie „Fall From Reality“ die finanziellen Mittel, wie auch Kontakte und Kommunikationswege für Promotion und ähnliches. Wir hatten das große Glück, dass War Anthem Records, an uns interessiert und dazu bereit waren, uns als Band und Into Endless Chaos Records zu unterstützen. Wir sind War Anthem, insbesondere Jarne unendlich dankbar für die Stützräder, ohne die wir möglicherweise noch mit aufgeschlagenen Knien im Gras sitzen würden.

IV. Erstmals in der Geschichte von EVIL WARRIORS sind die Lyrics von „SCHATTENBRINGER“ auf Deutsch verfasst. Warum habt Ihr Euch nach all den Jahren mit englischen Texten dazu entschieden, zu Eurer Muttersprache zu wechseln?

Es ist nicht unbedingt die Entscheidung zur Muttersprache zu wechseln. Beast schreibt die Texte und seine Muttersprache ist Russisch. Deutsch ist eine komplizierte, sehr genaue und detailreiche Sprache. Gute Texte auf deutsch zu schreiben und auf deutsch zu singen, ohne dabei in Kitsch abzurutschen oder unfreiwillig komisch zu wirken, gelingt nur wenigen. Für solch offene Bilder, wie wir sie malen, war Englisch bisher das einfachere Mittel. Bei „Schattenbringer“ sind im Grunde auch nur die letzten vier Zeilen auf Deutsch. Der Rest ist Englisch, manche Ausdrücke Deutsch oder improvisierte Aneinanderreihungen von Lauten. Die Sprache bei uns ist nicht wirklich entscheidend, da wir Gesang eher als Instrument benutzen.

V. Leider liegen mir die Texte der EP nicht vor und so ganz leicht verständlich sind die Vocals nun doch nicht. Gebt uns daher doch bitte einen kleinen Einblick, wovon die einzelnen Songs handeln. Stehen die vier Stücke alle für sich alleine oder existiert ein alles umfassendes Konzept?

Bei uns stehen die Texte eben nicht im Vordergrund. Hätten wir gewollt, dass man sie leicht versteht, hätten wir sie anders in Szene gesetzt. Das alles umfassende Konzept der EP sind eben die vier Zeilen:

„Ich bringe den Schatten
Denn ich bin das Licht
Ich verdunkle die Tiefe
Und erhelle das Nichts“

Die Fliege ist dabei irgendwie unbedeutend, fällt aber auf und hat starken Symbolcharakter. Wahrheit ist so anmaßend und vielseitig wie diejenigen, die meinen diese verstanden zu haben. Sonst ist da nichts.

VI. Erneut habt Ihr Euch für ein eher ungewöhnliches Artwork entschieden, dass auf den ersten Blick in scheinbar keinerlei Verbindung zum räudigen Black Metal steht, den Ihr auf „SCHATTENBRINGER“ präsentiert. Ihr werdet das Gemälde allerdings aus gutem Grund gewählt haben und es wird sehr wohl eine Verbindung zur Musik geben, nehme ich an?!

Es gibt durchaus eine sehr direkte Verbindung, da der Maler ein Mitglied der Band ist. Das Bild ist in der Zeit entstanden als wir an den Ideen zu „Schattenbringer“ gearbeitet haben. Es ist unmittelbar mit dem Entstehungsprozess der EP verknüpft und stellt das bildnerische Äquivalent zu unserer Herangehensweise an die Musik dar. Anfangs war es nur wildes Geschmiere aus kräftigen Farben und Strukturen, die in sich aber noch keinen Zusammenhang erkennen ließen. Unzählige interessante Möglichkeiten voller Potential, die verlangen, ausformuliert zu werden. Es tobt ein Kampf der Formen und Farben um die Dominanz des Bildes. In all dem Durcheinander kristallisiert sich in den Strukturen eine kleine unscheinbare Figur heraus, die zunächst unbedeutend zu sein scheint, der Pilzmann. Er ist Teil des Ganzen, er wurde nicht gemalt, es hat sich zufällig so ergeben und er ist einfach da. Bei genauerer Betrachtung lässt sich erkennen, dass an seinem Pilz ein Stock lehnt, auf dem eine Fliege sitzt. Wenn man diese einmal gefunden hat, heben sie sich eindeutig vom Rest des Bildes ab. Der Kampf drumherum, all das Hin und Her, die Suche nach Wahrheit und Sinn interessieren den Pilzmann überhaupt nicht. Er hat seinen Pilz und seine Fliege und genügt sich selbst. Er ist und versucht nicht etwas zu sein. Damit wird er zum wesentlichen Inhalt des Bildes, und verleiht dem Bild damit seine komplexe Bedeutung. Weiteres Ausarbeiten der Figuren würde das sensible Gleichgewicht im Bild ändern, so dass der Pilzmann, nicht mehr als Teil der Strukturen erkennbar wäre, da er sich zu sehr herausheben würde. Es wäre nicht mehr dieselbe Figur, die von der zufälligen Struktur und dem spontanen, lockeren Strich lebt und von aufmerksamen Beobachtern gefunden werden kann. Dann wäre er nicht einfach da, sondern würde eine Maske tragen, die versucht darzustellen, was er im Grunde bereits ist.
An dieser Stelle war das Bild beendet und trägt nun den einfachen Titel „Der Pilzmann und die Fliege“. Der Pilzmann ist zum Symbol der Genügsamkeit und des Wesentlichen geworden und diente als Orientierung, um uns nicht in der Unendlichkeit der Möglichkeiten zu verlieren.
Auf Grund dessen beschränkt sich das Konzept der EP auf die besagten vier Zeilen, die wesentliche Aussage. Die weiteren Texte beschreiben Freischnauze einige Details des Bildes. Die Titel der EP sind die einzelnen Aspekte, die im Bild auftauchen; Die Fliege, das große Ganze und der Pilzmann.

VII. Ihr habt mit dem 22-minütigen Instrumentaltrack einen recht sperrigen Brocken auf „SCHATTENBRINGER“ gepackt, der im Vergleich zu Eurem sonstigen Schaffen ziemlich aus der Reihe fällt. Wie kam es zu der Idee dieser ausufernden Komposition und weshalb trägt sie keinen Namen?

Es ist keine Komposition, sondern eine Improvisation. Wir haben die EP live aufgenommen und als wir mit den Songs durch waren und noch alles aufgebaut war, wollten sicherheitshalber atmosphärische Flächen aufnehmen, um Material zu haben, das wir später vielleicht noch als Intro, Outro oder zwischen die Songs packen können. Als haben wir völlig frei improvisiert. Als wir uns das ganze angehört haben, klang es in sich schlüssig und wir wussten nicht, was wir hätten rausschneiden können. Außerdem beinhaltete das Konzept der EP eigentlich, dass wir die drei einzelnen Songs hintereinander als ein langes Stück spielen können. Also haben wir es dabei belassen und die drei Songs hintereinander auf eine Seite einer 12 Zoll Vinyl gepackt. Da die Improvisation nicht zum Konzept gehört, haben wir nichts auf der B-Seite.

VIII. Bislang ist „SCHATTENBRINGER“ nur auf schwarzem Vinyl vorbestellbar. Wird dies das einzige Format bleiben oder ist geplant, die EP ebenfalls noch als CD oder Tape zu veröffentlichen?

Es Ist für Vinyl konzipiert, die müssen wir erstmal loswerden. Mal sehen.

IX. Wie haltet Ihr es selbst mit Eurer Musiksammlung? Ist Vinyl das einzig wahre Format für Euch oder nutzt Ihr gerne auch mal die Vorzüge von MP3s, beispielsweise wenn Ihr unterwegs seid?

So dogmatisch sind wir nicht. Klar hören wir auch MP3s oder andere Formate.

X. Ihr seid schon eine ganze Weile aktiv und habt in alle den Jahren natürlich eine starke musikalische Weiterentwicklung durchlebt. Wie betrachtet ihr diesen Verlauf selbst, wenn ihr an die Anfangstage von EVIL WARRIORS zurückdenkt? Würdet Ihr mit dem heutigen Wissen manche Dinge anders angehen oder denkt Ihr über die Vergangenheit gar nicht weiter nach?

Wir haben uns nie festgelegt, was genau wir machen wollen. Es gab nie ein musikalisches Konzept. Wir haben einfach gemacht, worauf wir Lust hatten und was uns möglich war und waren immer mit Leidenschaft dabei. Dass wir uns weiterentwickeln, ist die Konsequenz daraus. Und jetzt sind wir eben so, wie wir sind.

XI. Wie blickt Ihr auf der anderen Seite in die Zukunft der Band? Habt Ihr bestimmte Ziele, die Ihr mit EVIL WARRIORS noch erreichen wollt, gibt es gewisse Dinge, die gerne ausprobieren möchtet oder plant Ihr gar nicht so weit im Voraus?

Wie jeder andere auch, wollen wir endlich reich werden. Nach all den Jahren der vollkommen Aufopferung und Leidenschaft, hoffen wir, dass es sich bald auszahlt.

XII. Ihr habt bereits im Frühjahr einige Konzerte absagen müssen und vermutlich wird es frühestens ab dem Herbst wieder Konzerte im kleinen Rahmen geben, sofern sich die Situation nicht wieder verschlechtert. Somit wird es keine Releaseshow für „SCHATTENBRINGER“ geben und ebenfalls keinerlei Festivalauftritte. Gibt es bereits schon jetzt Pläne, wie die ausgefallenen Konzerte nachgeholt werden sollen oder wartet Ihr lieber vorsichtig ab, wie die Pandemie verlaufen wird?

Natürlich werden wir die Konzerte irgendwie nachholen. Wir planen auch bereits, genaueres lässt sich in der Situation aber noch nicht sagen.

XIII. Einige Bands, wie NECROPHOBIC, SCREAMER oder AHAB haben Shows live gestreamt. Was haltet Ihr von dieser Idee? Ist ein Konzert für Euch vor dem PC überhaupt richtig erlebbar und würde eine solche Aktion für Euch auch in Frage kommen oder ist vielleicht sogar diskutiert worden?

Das wäre nichts für uns. Dann müssten wir uns künstlich in eine live Situation reindenken. Da würde die Interaktion mit dem Publikum, die Aufregung und Atmosphäre allgemein fehlen.

XIV. Wie sehen die weiteren Pläne bei Euch aus? Habt Ihr Euch bereits wieder im Proberaum verkrochen und werkelt an neuen Songs? Zeit dafür wäre ja sicherlich, da ohnehin keine Auftritte vorbereitet werden müssen.

Klar, wir sind ständig im Proberaum, einen ganz neuen Song gibt es auch schon.

XV. Die letzten Worte gehören Euch…

Na dann behalten wir diese lieber.

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