Grill `Em All Festival – 22./23.07.2011 – Flieden/Rückers

2. August 2011
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Dunkle Wolkenberge zogen in den vergangenen Tagen über das Land und entledigten sich in zum Teil sintflutartigen Regenfällen ihrer schweren Last. Ungewöhnlich kühle Temperaturen und tiefendurchnässte Wiesen standen dem gemeinen Festivalbesucher plötzlich als ernstzunehmender Widersacher gegenüber. Im Gästebuch des osthessischen GRILL ‚EM ALL Festivals wurde gar der Ruf nach Schwimmflügeln laut, da der Wetterbericht auch kurz vor Veranstaltungsbeginn kein Ende der Schlechtwetterperiode in Aussicht stellen konnte. Erst am Donnerstag schien sich der Himmel eine kleine Verschnaufspause von seinem heftigen Treiben zu gönnen, sodass die Anreise zum Festival am Freitag sogar unterstützt von vereinzelten Sonnenstrahlen angetreten werden konnte.

Wie bereits in den letzten beiden Jahren diente als Veranstaltungsort eine kleine Waldlichtung unweit des Örtchens Rückers. Der Aufteilung des Geländes treu geblieben, erstreckte sich hinter der Bühne, umringt von Fichten und Buchen, der Campingplatz, der in diesem Jahr einige Zelte mehr beherbergen durfte als noch im Vorjahr. Doch zunächst zeigte sich der Platz am frühen Freitag Abend nur sehr spärlich besucht, sodass zum angedachten Startschuss um 19:30 Uhr fast ausschließlich Musiker oder Helfer die Lichtung bevölkerten. Angesichts eines Technikproblemes an dem noch eifrig gewerkelt wurde, erwies sich diese Tatsache als nicht weiter schlimm und so verstrich eine weitere Stunde bis mit der ersten Darbietung die fünfte Ausgabe des GRILL ‚EM ALL eingeläutet wurde.

Um 20:35 Uhr eröffneten ONE STEP FURTHER aus Limburg schließlich das Festival mit ihren eingängigen Hard Rock Kompositionen. Wenngleich sich vor der Bühne nur wenige Zuschauer versammelten, ließ sich das Trio die gute Laune nicht verderben und sorge mit einigen lässigen Sprüchen und knackigen Riffs für einen gelungenen Auftakt, der mit einer Coverversion des MOTÖRHEAD-Klassikers „Iron Fist“ beschlossen wurde.

Deutlich heftigere Töne folgten nun mit dem Auftritt von RUSTED CHAINS, die sich bereits zum dritten Mal die Ehre auf dem GRILL ‚ EM ALL gaben. Mit ihrer Mischung aus Death Metal und Hardcore konnten die Herren aus dem Sinntal einige Leute mehr vor die Bühne locken und der Stimmung einen kräftigen Schub verleihen. Sänger „Roman“ kündigte zudem eine Pause der Bühnenaktivitäten auf unbestimmte Zeit an, sodass die Festivalshow die vorerst letzte Gelegenheit bot, sich von den Livequalitäten des Quintetts zu überzeugen.

Traditionsgemäß wurde mit Einbruch der Dunkelheit in der Mitte des Platzes wieder ein großes Lagerfeuer entzündet, um das sich ein Großteil der Besucher scharrte, um der allmählich aufkommenden Kälte zu entfliehen. Wer diese Variante der Temperaturregulierung allerdings als zu passiv empfand, hatte wenige Meter weiter im Partyzelt die Möglichkeit sich bei Heavy Metal Klassikern von IRON MAIDEN oder EXODUS mit Bier oder Whiskey von innen heraus zu wärmen. Mit 3€ für einen Hut und 2€ für ein Pils lagen die Preise hier auch absolut im grünen Bereich. Käufer antialkoholischer Getränke konnte sich sogar über Softdrinks und Apfelschorle für 1€ freuen.

Frisch von ihrer Tour aus dem Vereinigten Königreich zurückgekehrt, betraten nun A MILLION MILES aus Hamburg die Bretter der GRILL ‚EM ALL Bühne. Die Mannen um Frontfrau Mona boten eine explosive Mischung aus harten Metalriffs und groovigen Rock-Elementen. Nicht zuletzt auf Grund der zwischen Screams und klarem Gesang pendelten Vocals ließen sich deutliche Parallelen zu den kürzlich wiederbelebten GUANO APES erkennen. Beim Publikum stießen die dynamischen Kompositionen auf viele positive Resonanzen, wie nach Beendigung des Auftrittes aus einigen Gesprächen herausgehört werden konnte.

Mit erheblicher Verspätung war es schließlich um exakt 0:00 Uhr Zeit für den ersten Headliner des Festivals. Mit einer Biographie bis ins Jahr 1993 zurückreichend, können UNDERTOW bereits auf zahlreiche Konzerte mit Bands wie CROWBAR, DANZIG oder gar ALICE COOPER verweisen. Für den ganz großen Wurf sollte es an diesem Abend jedoch nicht reichen. Mit wummernden Bassläufen und fetten Gitarrenriffs konnte das Trio zwar einen dichten Klangteppich erzeugen, scheiterte jedoch etwas an der Präsentation des Materials. Nach den sehr überzeugenden Darbietungen der bisherigen Gruppen wirkte das Trio etwas unscheinbar, sodass es ihm nicht gelang wirklich herauszustechen. Trotz alledem wurden die zähen Doomstücke mit Hardcoreeinschlag einwandfrei vorgetragen und von einigen Besuchern in der ersten Reihe gebührend gefeiert.

Mit DEFORMED folgten nun die Mitveranstalter und gleichzeitig Gewinner des Festivals, denn, soviel sei verraten, ein größeres Publikum sollte an diesem Wochenende keine andere Band mehr vor der Bühne versammeln können. Den Heimvorteil nutzend, feuerte der Fünfer neben Stücken wie „Dispatching The Half-Assed Ones“ oder „Concealed Alterations“ vom aktuellen Langspieler auch neues Material in die feiernde Menge. Als kleines Schmankerl wurde eine, mit ihrer vollständigen Junggesellenabschiedsgesellschaft angereisten, Dame auf die Bühne gebeten, um ein letztes Mal in Freiheit den Kopf zu einer gehörigen Portion Todesblei der alten Schule kreisen zu lassen.

Da ein flüchtiger Blick auf die Uhr offenbarte, dass 2:00 Uhr bereits weit überschritten wurde und Kälte sowie Müdigkeit schon bis tief in die Glieder vorgedrungen waren, musste der Auftritt der Death/Thrash Kapelle FRAGMENTORY, der an dieser Stelle den ersten Festivaltag beenden sollte, leider zu Gunsten der Heimfahrt ausfallen.

Der Samstag startete zunächst sonnig und nur vereinzelt irrten graue Wolkenfetzen über den ansonsten blauen Himmel. Trotz des sehr angenehmen Wetters ließ auch der zweite Tag des GRILL ‚EM ALLs ein erhöhtes Besucheraufkommen schmerzlich vermissen. So zeigte sich bei Ankunft am Gelände gegen 14:45 Uhr ein recht ähnliches Bild wie schon am vergangenen Abend.

Auf der Bühne befand sich derweil die aus Baden-Württemberg stammende Gruppierung NIGHTTRAIN mitten in ihrem Set. Den wenigen Zuhörern wurden klassische Rock Kompositionen präsentiert, die mit schönen Gitarrensoli und stellenweise etwas raueren Gesangseinlagen ausgeschmückt wurden. Für ihrer sehr solide Leistung zur noch so frühen Festivalzeit wurden die jungen Recken mit ausgiebig Applaus der Anwesenden entlohnt.

Mit der Show von SCHISTOSOMA wurde nun wieder etwas deftigere Kost serviert. Spielfreudig ackerte sich das Quintett durch das aus treibenden Death Metal Stücken bestehende Material. Den vor der Bühne lauschenden Fans spendierten die Franken zudem großzügig eine Kiste mit ihren CDs. Eine Geste, die mit lauten Forderungen nach einer Zugabe gewürdigt wurden.

Aus der hintersten Ecke des Festivalgeländes erfüllte ein Imbissstand die Luft mit dem Duft nach würzigem Grillgut. Für 2€ wechselte eine Bratwurst samt Brötchen den Besitzer und der Teller Pommes wurde sogar für nur einen Euro auf der Speisekarte angeboten. Wem am Nachmittag der Sinn allerdings noch nicht nach Fleisch stand, konnte sich stattdessen auch bei einem Becher Kaffee ein Stück Kuchen schmecken lassen.

Nach einer gewohnt kurzen Umbaupause regierte erneut Death Metal den Platz. Mit groovigen Riffs und einem sympathischen Frontmann brachten HAILSTONE die Köpfe des Publikums zum rotieren. Einzig die etwas schiefe Leadgitarre wirkte stellenweise etwas störend, beeinflusste den soliden Gesamteindruck des Auftrittes jedoch nicht wesentlich.

Ein plötzlich aufkommender Regenschauer vertrieb die mittlerweile etwas zahlreicher versammelten Zuschauer unter die auf dem Platz verteilten Sonnenschirme oder ins Partyzelt. Für TRINITY SITE aus Franken bedeutete dies einen Auftritt vor einer nahezu menschenleeren Bühne. Sehr schade, da die melodischen Death Metal Stücke des Gespanns professionell und perfekt inszeniert wurden. Ausgestattet mit verspielten Gitarrenspuren erinnerte das Material der noch sehr jungen Formation an vergangene Glanztage des schwedischen Death Metal.

Der Auftritt von SYNASTHASIA wurde zu Gunsten einer kleinen Verschnaufspause nur am Rande verfolgt. Mit einer sehr experimentellen Mischung aus progressiven Elementen und Death Metal und den dazu zweistimmigen Vocals die zwischen Growls und klarem Gesang wechselten, schienen die Duisburger allerdings den Geschmack des Publikums nicht wirklich treffen zu können, sodass die Stimmung eher verhalten ausfiel.

Trotz der Bemühung das kreative Schaffen von Musikern unabhängig und vorurteilsfrei zu bewerten, existieren immer wieder Gruppierungen, denen ein Stempel der nachgeeiferten Vorbilder aufgedrückt worden zu sein scheint. Im Falle der Melodic Death Metal Kappelle LEVIATHAN fühlte sich der Zuschauer sowohl akustisch als auch optisch an die Frickler von CHILDREN OF BODOM erinnert. Doch abgesehen von der technischen Perfektion, mit der die pfeilschnellen Leadspuren und Riffs dargeboten wurden, scheint das junge Quintett auch die komplette Unfähigkeit zur sinnvollen Kommunikation mit dem Publikum von den finnischen Idole übernommen zu haben. Mit lächerlichen Kommentaren stolperten LEVIATHAN durch ihr Set vollkommen überladener Kompositionen, in denen die, zugegebenermaßen beachtliche, Fingerakrobatik kein Ende nehmen wollte.

Wie sehr ein erster Eindruck täuschen kann, bewiesen einmal mehr die Herrschaften von PATH OF DESTINY. In schwarze, mit Nieten und Ösen verzierte Kleidung gehüllt und zu einem orchestralen Intro aufmarschierend, überraschten die Thüringer mit einer drückenden Ladung Death Metal. Mit ihrer lockeren Performance gelang es PATH OF DESTINY schließlich auch einige Zuschauer mehr vor die Bühne zu locken.

Von mittlerweile kompletter Dunkelheit umhüllt, wurde der Platz nun von einer sehr gelungen Lichtshow auf der Bühne erhellt. In einen blauen Schein getaucht, wütete das Abrisskommando RESISTANCE OF YIELD über die Bretter und beschallte das Publikum mit brachialen Death Metal Attacken. Die aus dem Saarland mitgereiste Fanschar unterstützte die Gruppe dabei mähneschüttelnd und durfte sich zudem über eine Coverversion des KATAKLYSM Songs „As I Slither“ freuen.

Langsam aber sicher neigte sich der Tag seinem Ende zu und auf Grund der kurzfristigen Absage von CRAVING stand nun mit NEVERLAND IN ASHES die letzte Band vor dem Headliner auf dem Spielplan. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass deren Kompositionen sich keinesfalls als Futter für die breite Masse erweisen konnte. Mit einer sehr speziellen Melangé aus Death Metal, Hardcore und elektronischen Anleihen zauberte die Akteure das ein oder andere Fragezeichen in die anwesenden Gesichter. Ein erneut einsetzender Regenschauer sorgte zudem bei vielen Besuchern für einen Rückzug ans Lagerfeuer oder unter das schützende Zelt.

Um 24:45 Uhr war es dann schließlich soweit. LAY DOWN ROTTEN gaben sich die Ehre die fünfte Ausgabe des GRILL ‚EM ALL zu headlinen und gleichzeitig zu beschließen. Trotz Nässe und Kälte konnte der seit 1999 bestehende Fünfer noch einmal die letzten Kräfte mobilisieren und die Zuschauertraube vor der Bühne zum wachsen bringen. Mit viel Energie spielten sich die Hessen durch ihr Set, bestehend aus Stücken wie „Swallow In Bitterness“, „He Who Sows Hate“ oder „Within The Veil – The Antidote“. Ein gelungener Abschluss, der vom Publikum mit entsprechendem Applaus und Forderungen nach einer Zugabe gewürdigt wurde.

Wie bereits im Vorjahr haben DEFORMED & MOURNING DAY in einer Gemeinschaftsarbeit ein erstklassiges Open Air auf die Beine gestellt. Angefangen bei der stimmungsvollen Location, über die amtliche Bühne mit durchgehend gutem Sound und einer sehr schönen Lichtshow bis hin zu den sehr annehmbaren Preisen hat hier wieder alles gestimmt. Neuerungen wurde unter anderem mit der Anwesenheit des Roten Kreuzes und einiger Securities eingeführt, die die Sicherheit während der Veranstaltung gewährleisteten.

Kritik muss leider erneut bezüglich der Bandauswahl ausgesprochen werden. Konnte der unter dem Motto „Local Hero Night“ laufenden Freitag noch mit ausreichend Abwechslung glänzen, zeigte sich der Samstag übersättigt von zu viel Death Metal. Obwohl das GRILL ‚EM ALL in diesem Jahr als Death & Thrash Festival beworben wurde, fehlte eine wirkliche Thrash Band auf dem Billing komplett. Mit einem ausgewogenerem Line-Up und dem Mut, auch Bands aus den Bereichen Power, Black oder Doom Metal eine Chance zugeben, könnten die Veranstalter in Zukunft weitere Punkte sammeln.

Auf die Entscheidung, ob auch im nächsten Jahr wieder ein GRILL ‚EM ALL stattfinden wird, darf in jedem Falle gespannt gewartet werden.

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